Schloss Altenburg
In Vielfalt geeint
Nina Süßmilch kennt von Kindesbeinen an das thüringische Schloss Altenburg von außen. Im Januar hat die in Berlin lebende Bloggerin die ehemalige Residenz der Herzöge von Sachsen-Altenburg einmal genauer in Augenschein genommen. Von ihrer Erfahrung erzählt sie uns im Folgenden.
Wie Playmobil Schloss Altenburg den Barock in den Schatten stellt
Schon immer stand Schloss Altenburg dort oben, dieses kastenartige Schloss, groß und schwer. Lange Zeit waren der Park und das Grün drum herum für mich viel interessanter, irgendwie lebendiger. Nach Jahren ging es dann doch die steile Auffahrt hinauf, durch die barocke Toranlage und einen mittelalterlichen Torturm hinein in den großen Schlosshof. Dort steht man einem architektonischen Stilmix gegenüber und denkt sich: „Was mit der Zeit eben so alles zusammenkommt.“ Er erinnert eher an eine zusammengebastelte Patchwork-Familie, und ganz in diesem Sinne scheint die aktuelle Playmobil-Ausstellung „Winterzauber“ Tür und Tor des Schlosses für Familien zu öffnen. Dass es Kinder allerdings nicht immer so einfach hatten in dem 800 Jahre alten Gebäude, mussten am eigenen Leib einst Ernst und Albrecht erfahren.
Kunz von Kauffungen klaut kleine Kinder
Eingegangen in die Geschichte ist die Kindesentführung von Ernst und Albrecht als „Sächsischer Prinzenraub“. Das war anno 1455, also zu einer Zeit, in der es noch poetische Namen gab. Die beide waren die Söhne von Friedrich dem Sanftmütigen und wurden unter einiger Anstrengung aus den burgähnlichen Schlafgemächern geraubt. Kunz und seine Kumpanen nutzten dafür wahrscheinlich ein kompliziertes Leitergerüst, das sie an dem steilen Porphyrfelsen, auf dem Schloss Altenburg steht, festmachten. Heute ist besagte Leiter neben diversen Gemälden zur Entführung im Schloss zu sehen. Trotz langer Vorbereitung und einiger Helfershelfer seitens der Entführer konnten die Prinzen Albrecht und Ernst am Ende befreit werden. Kunz wurde einen Kopf kürzer gemacht. Dabei stellte sich schon damals die nicht ganz unberechtigte Frage, ob Papa Friedrich der Sanftmütige den richtigen Namen trug.
Spaß in Klein für die Jüngsten
Über 500 Jahre später wird man dank der Playmobil-Ausstellung im Erdgeschoss und ersten Stock des Residenzschlosses von aufgeregten Kindern und ihrem Gefolge begrüßt. Im „Winterzauber“ findet man dann alles, was in so ein Schloss gehört: Prinzessinnen, Ritter und Drachen, die kunstvoll in kleine Modelllandschaften drapiert wurden. Die jugendfreie Form einer „Game of Thrones“-Schlacht ist im prunkvollen Festsaal zu sehen – gebührend untermalt von dramatischer Musik aus Lautsprechern, die nicht ganz so gut versteckt zwischen diversen golden verzierten Säulen stehen. Sicher wären auch die Jungs des Sanftmütigen von dem Spektakel begeistert gewesen. Die heutigen Zehnjährigen jedenfalls flitzen über das gewienerte Parkett und schließen Wetten darüber ab, wie viele Playmobil-Pferde insgesamt verbaut wurden.
Zurück in die Vergangenheit
Dem Gewusel der ersten beiden Etagen entkommen, gelangt man in die Welt der letzten zwei Jahrhunderte. Hier sieht man sich vom Stammbaum der herzoglichen Familie von Sachsen-Altenburg umgeben. Streng und sanftmütig oder auch lächelnd und grimmig schauen die Ernste und Elisabeths mehrerer Generationen auf die BesucherInnen des 21. Jahrhunderts herab.
Neben den repräsentativen Räumen, die wunderschön anzusehen sind und wahrscheinlich genauso unbequem zu bewohnen waren, gibt es eine Bibliothek inklusive Holzregalen voll mit alten Büchern. Mitten darin steht ein langgezogener Tisch, der beladen ist mit Faksimiles. Hier kann man sein und die Ahnen der herzoglichen Familie vor dem geistigen Auge ein- und ausgehen sehen.
Ein Stockwerk weiter oben bewegt man sich konsequent zurück im Zeitstrahl. Es würde nicht weiter verwundern, käme in vollem Gewand eine jener barocken Damen um die Ecke gerauscht, die kokett lächelnd an der Wand hängen. Auf dem Kopf hätte sie eine kunstvoll nach oben getürmte und weiß gepuderte Perücke, verziert mit Perlen und Schleifen.
Ein wenig versteckt nach Bibliotheken, Kaminzimmern und Gemächern findet sich hinten links, einmal um die Ecke gebogen, eine alte Tafel. Vermutlich hat sie nach einer Jagd im 17. Jahrhundert so ausgesehen. Tiefgrünes, traditionell hergestelltes Geschirr ziert den Holztisch. Schließt man die Augen, hört man beinah das Getrappel von Hufen und die Stiefel der Jagdgesellschaft auf dem Schlosshof.
Buntes Stil-Potpourri mit Hausmannsturm
Zurück im Schlosshof steht der blassblaue Winterhimmel dominierend über dem Architektur-Mix vieler Jahrhunderte. Da mischt sich gotische Architektur mit neogotischen und barocken Fassaden nebst Gestaltungselementen der Renaissance. Nicht zu übersehen ist der hübsch weiß getünchte, pummelige Hausmannsturm. Einst leuchtete er in roten Ziegelsteinen und diente als Wachturm. Nicht nur als geographisch krönenden Abschluss sollte man sich unbedingt diesen Turm ansehen und trotz der Gefahr eines leichten Schwindels die Wendeltreppe hochklettern.
Denn dort oben landen die BesucherInnen in einem rustikal-winzigen Aussichtsbereich, der so gemütlich anmutet, dass man es sich direkt neben dem Ofen bequem machen möchte. Dieser steht im wahrscheinlich kleinsten Küchenformat da, das existierte, bevor die Welt die praktischen Lösungen eines skandinavischen Möbelhauses kannte. Dazu gibt es eine umwerfende Aussicht über das Altenburger Land. Und auch wenn im Winter das Braune manchmal zu überwiegen scheint, so geht der Blick doch weit, und dort unten im Park findet sich Immergrün, wenn man es denn finden will.
Service
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