Christliche Schlafkammer – Kloster Heilsbronn und die Hohenzollern
Die Mitglieder der Hohenzollern-Orte treffen sich rund zweimal im Jahr. Die Gastgeber wechseln dabei, sodass immer wieder ein anderes Monument des Netzwerks besucht wird. In diesem Frühjahr war es das ehemalige Zisterzienserkloster Heilsbronn. Die 9000-Seelen-Gemeinde, in der sich das einst sehr wohlhabende Kloster befindet, liegt rund 18 Kilometer nordöstlich von Ansbach und nur wenige Minuten von der Autobahn A6 entfernt. Genau genommen liegt Heilsbronn sogar genau im Zentrum von Mittelfranken, liegt der geografische Mittelpunkt des Verwaltungsbezirks doch am Nordrand des Orts.
Mittelfranken und damit dessen Mittelpunkt gab es noch nicht, als sich einer Legende nach der Grundherr Hahold nach einem Jagdunfall durch die Wälder schleppte. Es war frühes Mittelalter, genauer gesagt das 8. Jahrhundert, und damit die Zeit der Karolinger. Dort, wo heute Heilsbronn liegt, fand er eine Quelle, an der er seinen Durst stillen konnte und die ihn glücklicherweise gesund werden ließ. Der Brunnen, mit dem alles begann, kann heute noch besichtigt werden, doch Heilkräfte darf man sich von ihm nicht erwarten, denn das Wasser weist keine besondere Zusammensetzung auf.
Haholds Brunnen und die Siedlung, die um ihn herum entstand, gingen schließlich in den Besitz der mächtigen Grafen von Abenberg über und kamen durch diese in die Hände des Bischofs Otto von Bamberg. Otto christianisierte nicht nur die Pommern, sondern ließ im Bistum Bamberg zahlreiche Klöster gründen. Im Jahr 1132 tat er dies zusammen mit Rapoto von Abenberg und einigen von dessen Geschwistern in der Siedlung, in der Haholds heilbringender Brunnen stand.
Grablege für Franken und Preußen
Zunächst war das Kloster noch nicht auf einen bestimmten Orden festgelegt, erst 1141 kamen aus Kloster Ebrach Zisterzienser und übernahmen es. Sie waren es, die den bisherigen Namen in „Fons salutis“ – „Heilsbronn“ – änderten, das neue Kloster sollte den Bewohnern der umliegenden Gegend nicht unbedingt Wasser, aber Seelenheil spenden. Das Seelenheil mag den Abenberger Grafen gewiss gewesen sein, aber in Punkto Fortpflanzung war ihnen kein dauerhaftes Heil beschieden, ihr Geschlecht starb um 1200 aus. Ein Teil der Besitzungen fiel an das Hochstift Bamberg, ein anderer an die Burggrafen von Nürnberg.
Das Burggrafenamt hatte seit etwa 1191 Friedrich I. von Nürnberg-Zollern (*um 1139; †um 1200) inne, der aus Schwaben stammende Begründer der fränkischen Linie der Zollern (oder Hohenzollern, wie sie sich ab dem 16. Jahrhundert durchgängig nannten). Rund 100 Jahre später, im Jahr 1297, ließ sich zum ersten Mal ein fränkischer Hohenzollern in dem inzwischen sehr wohlhabenden Kloster Heilsbronn bestatten. Ihm folgten noch zahlreiche Angehörige des Geschlechts, darunter Friedrich I. (*um 1371; †1440), der die Nürnberger Burg verkaufte und als erster Markgraf von Brandenburg in die Geschichte einging, sowie Albrecht I. Achilles (*1414; † 1486).
Dass ein Ansbacher Markgraf den der griechischen Mythologie entlehnten Beinamen „Achilles“ trug, verwundert. Zurück geht er auf den Humanisten und Dichter Enea Silvio Piccolomini, den späteren Papst Pius II. Dieser war ein begeisterter Anhänger der antiken Literatur und sah Albrecht I. aufgrund seiner großen militärischen Erfolge in der Tradition des Helden von Troia. Unter Albrecht I. Achilles wurden der fränkische und brandenburgische Besitz der Hohenzollern vereint, da er zunächst das Fürstentum Kulmbach von seinem kinderlos verstorbenen Bruder Johanns übernahm und nach der Abdankung seines Bruders Friedrich schließlich auch das Kurfürstentum Brandenburg.
Prachtvoll über der Erde bestattet
Im Langhaus des Münsters, genau an der Mittelachse ausgerichtet, sind drei Hochgräber der Hohenzollern zu sehen – das des Markgrafen Georg Friedrich d. Ä. (*1539; †1603) mit einer Kopftafel, auf der die Aufschrift „Christliche Schlafkammer“ zu lesen ist; das des Markgrafen Joachim Ernst (*1583; † 1625) und das der Kurfürstin Anna (*1437; †1512). Die Tochter des Kurfürsten Friedrichs II. von Sachsen war Albrechts I. Achilles zweite Frau und gebar ihm in 28 Ehejahren dreizehn Kinder, von denen sechs noch als Kleinkinder verstarben. Die um 23 Jahre jüngere Kurfürstin überlebte ihren Mann um mehr als 25 Jahre, verheiratete sich nicht mehr. Gerne besuchte sie von ihrem Witwensitz in Neustadt an der Aisch aus Heilsbronn und entwarf Jahre vor ihrem Tod ihr Hochgrab, auf dem sie in Lebensgröße und Witwentracht dargestellt ist.
Links und rechts von Annas Tumba führen Treppen zu einer der Schwabach-Quellen hinunter, und an den Stirnseiten der Tumben geht es in die Gruft der Hohenzollern, die allerdings für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist und ein recht unwirtlicher Ort sein soll.
Hohenzollern an Wänden und auf Bildern
Die Gräber sind nicht die einzigen Spuren der Hohenzollern. Wandert man das nördliche Seitenschiff entlang, stößt man mit schöner Regelmäßigkeit auf das in der Wand eingelassene Wappen der Hohenzollern mit seinen schwarz-weißen Vierecken. Auch auf dem Hauptaltar finden sich Spuren, um sie zu entdecken, muss man um ihn herumwandern. Früher stand der Altar anstelle der Tumben im Langhaus und war von allen Seiten zugänglich. Die Altarplatte stammt aus dem Jahr 1365, der Aufsatz wurde um 1504 von Markgraf Friedrich d. Ä. (*1460; † 1536) und seiner Frau Sophia (*1464; † 1512), einer polnischen Königstochter, gestiftet. Ist der Altar geöffnet, ist auf der Rückseite in den unteren Bildfeldern das Paar mit seiner großen Kinderschar zu sehen.
Das Münster wird größer und größer
Mehr als 300 Jahre lang diente das Münster als Grablege der Hohenzollern, erst 1625 endete mit Markgraf Joachim Ernst diese Tradition. Der Dreißigjährige Krieg brachte schwere Verwüstungen der Grablege mit sich, weswegen die Hohenzollern sich zukünftig lieber in ihrer Residenz begraben ließen. Bestattungen gab es aber noch bis ins 19. Jahrhundert hinein, denn nicht nur die Hohenzollern wählten gern hier ihre letzte Ruhestätte, auch viele andere Adelige, man geht von insgesamt rund 500 Grabstätten aus. Allein schon, um die vielen Gräber zu fassen, wurde das Münster immer wieder erweitert.
Geweiht wurde die ursprünglich dreischiffige Basilika mit ihrem großen Querhaus entweder 1149 oder 1150. Schon um 1191 wurde mit der Heideckerkapelle ein erster Anbau gemacht. Diesem folgten um 1200 eine romanische Vorhalle an der westlichen Stirnseite, sie wich aber Ende des 14. Jahrhunderts der sehr viel größeren Ritterkapelle, die als Grablege diente. Eine andere Grablege, nämlich die der Abenberger Grafen, fiel dem gotischen Neubau des Chores zum Opfer, der 1263 bis 1284 errichtet wurde. Die Beliebtheit des Münsters als Begräbnisort hatte zur Folge, dass noch ein Erweiterungsbau erfolgte: Von 1412 bis 1433 würde das südliche Langhaus zu einem zweischiffigen und sehr geräumig wirkenden Mortuarium ausgebaut.
Zurück zu den romanischen Wurzeln
Die Reformation brachte es mit sich, dass die Markgrafen 1529 protestantisch wurden und der Konvent allmählich ausstarb. Daran konnte auch 1534 die Einrichtung einer „Fürstenschule“ nichts ändern, auf der bis 1736 männliche Stipendiaten erzogen wurden. Nach langem Stillstand wurde ab 1710 wieder gebaut. Im Zuge der Instandsetzung erhielt die Kirche eine barocke Ausgestaltung, gleichzeitig wurden ein Teil des Langhauses und Teile des Chores durch Mauern abgetrennt. Ab 1806 war Heilsbronn bayerisch und König Ludwig I. ließ durch seinen Baumeister Friedrich von Gärtner in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts die barocken Zutaten wieder entfernen, um eine Annäherung an den romanischen Zustand zu erreichen.
Beeindruckend am Heilbronner Münster sind natürlich nicht nur die Spuren der Hohenzollern und die Tatsache, dass hier so viele Adelige ihre letzte Ruhe fanden. Das Münster ist ein Hort von Schätzen. Viele davon wurden von den Hohenzollern gestiftet und stammen von Renaissance-Künstlern aus dem Umkreis von Albrecht Dürer und Adam Kraft. Am meisten beeindruckt hat mich aber vielleicht das Kruzifix auf dem Kreuzaltar, und zwar offenbar so sehr, dass ich nicht einmal ans Fotografieren dachte. Das Kunstwerk eines unbekannten Künstlers stammt aus dem Jahr 1468 und wird der von Veit Stoß beeinflussten Nürnberger Bildhauerkunst zugeschrieben. Die Leiden Christi wurden auf sehr eindrückliche Weise und lebensnah dargestellt. Eine Echthaarperücke und die realistisch dargestellte klaffende Seitenwunde steigern den Effekt ebenso wie die blau hervortretenden Adern des Sterbenden.
Von Heilsbronn und der Grablege der Hohenzollern ließe sich vieles erzählen, aber am besten sollte man selber hinfahren. Ich werde das in absehbarer Zeit sicher wieder machen.
Literatur:
Paul Geißendörfer / Daniela Nieden: Münster Heilsbronn [Kirchenführer]. 4., aktual. Aufl. Lindenberg: Kunstverlag Josef Fink, 2019.